Kennt ihr diesen unglaublichen Druck, alles perfekt machen zu müssen, den man als Mutter von seinem Umfeld bekommt? (Natürlich auch als Vater, wobei mir vorkommt, die Männer haben es da etwas leichter) Themen wie z.B. Stillen oder Flasche, Beikost selber machen, täglich an die frische Luft, welche Windelmarke, das Baby tragen oder nicht, und vieles mehr machen gerade Erstlingsmütter oft wahnsinnig. Mir ging es da nicht anders. Beim zweiten Baby sieht man das schon entspannter.
Mutterkult und Perfektionismus
Hier im deutschsprachigen Raum herrscht eine Art Mutterkult wie kaum sonst wo auf der Welt. Gemeint mit dem Begriff ist der Druck, der hier auf uns Müttern lastet und den wir uns Großteils auch selbst auferlegen. Mütter müssen perfekt sein, sich für die Familie aufopfern und alles tun für ihre Kinder. Uns selbst stellen wir dafür sehr in den Hintergrund, vor allem in den ersten Lebensjahren unseres Nachwuchses. Oder? Schließlich haben wir es von unseren eigenen Müttern und Großmüttern nicht anders gelernt. Aber wir machen uns damit unser Leben oft schwerer, als es sein müsste. Seien wir mal ehrlich – das Leben mit Babies und Kleinkindern ist oft schon Herausforderung genug. Und auch eine Mutter bleibt immer noch eine Frau bzw. ein Mensch mit eigenen Bedürfnissen, die erfüllt werden wollen.
Die Unsicherheit beim ersten Kind
Wenn du dein erstes Kind bekommst, strömen von allen Seiten gut gemeinte Tipps und Warnungen auf dich ein. Stillen? Ja unbedingt. Geht nicht? Naja dann halt die Flasche. Beim Beikoststart gibt es zwei Lager (möglichst früh oder erst wenn das Baby von selbst essen will), ebenso wie beim Impfen (unbedingt vs. nein bloß nicht, zu gefährlich). Dann gibt es noch hunderte Richtlinien dazu, wie du dein Baby lagern sollst, ab wann Sitzen lassen, wie die Fläschchen zubereiten werden sollen, Tragetuch oder Kinderwagen, und ab wann darf das Kind mal alleine zu Oma und Opa. Wart ihr damit auch so überfordert wie ich? Schon beim ersten Kind habe ich dann nach einiger Zeit einfach auf mein Bauchgefühl gehört und nicht mehr auf diese ganzen gut gemeinten Tipps.
Beim Zweiten ist man lockerer
Jetzt beim zweiten würde mich so manche „perfekte Mama“ wohl mit Recht als Rabenmutter bezeichnen. Fläschchen zum Beispiel mache ich schon lange nicht mehr mit abgekochtem Wasser, ich nehme meist sogar das warme Wasser direkt aus der Leitung. Warum auch nicht, wir haben ein neues Haus mit neuen Leitungen und geprüfter Wasserqualität. Da kann also nichts passieren. Auf regelmäßiges Sterilisieren der Fläschchen verzichte ich auch – nach Meinung vieler Kinderärzte ist dieser Reinheitskult hier ohnehin übertrieben, und es reicht, wenn die Fläschchen gut ausgespült sind. Sobald sich die Kleinen alles in den Mund stecken bekommen sie sowieso die ganze Ladung Bakterien aus ihrem Umfeld ab, und das ist auch wichtig, denn nur so kann das Immunsystem trainieren. Gestillt habe ich (das hat diesmal halbwegs problemlos geklappt), aber nur bis die ersten Zähne durchgebrochen sind. Beikost haben wir mit 4,5 Monaten gestartet, genau wie bei der Großen – teils mit selbst gekochtem Brei, teils mit Gläschen. Getragen habe ich den Kleinen nie – warum auch, er mag es nicht. Und auch wenn ich absolut nicht dafür bin, sein Kind schreien zu lassen, mit zwei geht es manchmal nicht anders. So kommt es schonmal vor, dass mein Jüngster ein paar Minuten schreien muss, während ich gerade mit seiner Schwester beschäftigt bin. Ich bin eben keine „perfekte“ Mutter, und möchte es auch gar nicht sein.
Macht euch selbst das Leben leichter
Unsere Kinder stellen uns vor immer neue Herausforderungen. Entwicklungsschübe, Zähne, Trotzphase… Und dazu noch die jeweils eigene Persönlichkeit des Kindes. Mein Jüngster würde am liebsten den ganzen Tag am Arm herum getragen werden, aber wehe man setzt ihn in eine Trage oder einen Kinderwagen. Er fordert viel Aufmerksamkeit, genau wie seine Schwester, die dann oft eifersüchtig wird, wenn das Baby Mama so in Beschlag nimmt. Und neben der Kindererziehung muss auch noch der Haushalt gemacht werden. Auch wenn mich mein Mann hier sehr unterstützt und mir im Haushalt einiges abnimmt, Zeit für Mama selbst wird da schon zum Luxusgut. Und wie ich in sozialen Netzwerken und auf Blogs immer wieder lese, geht es hier vielen Müttern ähnlich. Darum finde ich es immer so schrecklich, wenn dann noch „Mumbashing“ oder „Mumshaming“ betrieben wird. Mütter sollten zusammenhalten und sich nicht gegenseitig ein schlechtes Gewissen einreden wollen, nur damit man sich vielleicht selbst besser fühlt. Dieser ständige Konkurrenzkampf ist doch echt unnötig. Das wichtigste ist, dass wir unsere Kinder lieben, und ihnen das auch täglich zeigen. Darum lieber mal ein bisschen weniger perfekt und dafür ein bisschen mehr glücklich sein.
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